Dr. Henny Stahl - Kontext, Quellen und Literatur

Als akademisch gebildete Frau und engagierte Sozialarbeiterin in der NS-Verfolgungszeit ist Dr. Henny Stahl (1895-1943) eine bekannte Persönlichkeit in der Würzburger Erinnerungskultur. Meist wird sie mit ihrem Geburtsnamen Johanna Stahl benannt, nutzte diesen Namen als Autorin jedoch selbst nie.

2010 schlug ich vor, das Würzburger Dokumentationszentrum für jüdische Geschichte und Kultur nach einer Frau zu benennen. Damit sollte der Fokus der inhaltlichen Arbeit neu ausgerichtet werden, hin zu Bildungsangeboten und einer Beschäftigung mit der ganzen Breite der jüdischen Gesellschaft. Und weg von der männerzentrierten Befassung mit den immer gleichen Themen, vor allem mit Antisemitismus und Judenverfolgung.

Die junge Dichterin Marianne Rein und eben Johanna Stahl standen zur Auswahl. Die Träger des Zentrums entschieden sich aufgrund ihrer großen Verdienste für die jüdische Gemeinschaft klar für Johanna Stahl – und die Umbenennung erfolgte 2011.

Da es keine privaten Quellen aus der Familie Stahl gibt, lässt sich eine ausführlichere und illustrierte Biographie über die neue Namensgeberin nicht so einfach schreiben. So beschränkten sich Publikationen bislang lediglich auf die formalen Aspekte der Biographie, zu denen externe Quellen Auskunft geben: Herkunft, Ausbildung, Verfolgung und Ermordung.

Die Persönlichkeit von Henny Stahl und ihre Rolle als Journalistin und Akteurin der Frauenbewegung wurde dagegen kaum thematisiert. Beim gegenwätigen Stand der Kenntnisse ist es jedoch vor allem das journalistische Werk, das Auskunft über sie geben kann. Dies habe ich nun in zwei Artikeln vorgestellt: „Henny Stahl – Eine jüdische Journalistin der Frauenbewegung“ und „Schreiben für Wissen und Ermutigung – Henny Stahl und die Bayerische Frauenzeitung„.

Diese Seite bietet  Hintergrundinformationen dazu wie z.B. ein systematisches Literaturverzeichnis und Ergebnisse aktueller weiterführender Recherchen. Ferner die Biographie einer Frau gleichen Namens im Umfeld Bertha Pappenheims, der Gründerin des Jüdischen Frauenbunds. Mit ihr wurde Henny Stahl in dem 2022 erschienenen biographischen Büchlein bereits verwechselt: Johanna Stahl, geb. Kahn. Diese arbeitete für den Jüdischen Frauenbund – Henny Stahl jedoch nicht.

Literaturverzeichnis

Titel zur Frauenbewegung, zum Jüdischen Frauenbund u.a.

Frauen in Würzburg. Stadtführer & Lesebuch. Hg. von der Gleichstellungsstelle für Frauen der Stadt Würzburg, Gesamtredaktion: Christine Weisner, Würzburg 1996.

Ute Gerhard, Frauenbewegung und Feminismus. Eine Geschichte seit 1789, München 2009, 4., aktualisierte u. erw. Aufl., 5. Aufl. 2022.

Helga Heubach (Hg.), Das Heim des jüdischen Frauenbundes Neu-Isenburg, Taunusstraße 9, 1907 bis 1942, gegründet von Bertha Pappenheim. Im Auftrag des Magistrats der Stadt Neu-Isenburg herausgegeben, Neu Isenburg 1986.

Marion A. Kaplan, Die jüdische Frauenbewegung in Deutschland. Organisation und Ziele des Jüdischen Frauenbundes 1904-1938, Hamburg 1981 (Hamburger Beiträge zur Geschichte der deutschen Juden, Bd. 7).

Gisela Kaiser, Spurensuche. Studentinnen und Wissenschaftlerinnen an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg von den Anfängen bis heute, Würzburg 1995.

Britta Konz, Bertha Pappenheim (1859-1936). Ein Leben für jüdische Tradition und weibliche Emanzipation, Frankfurt a.M. 2005 (Geschichte und Geschlechter, Bd. 47).

Hanno Müller/ Dieter Bertram/ Friedrich Damrath, Judenfamilien in Hungen und in Inheiden, Utphe, Villingen, Obbornhofen, Bellersheim und Wohnbach, Hungen 2009.

Rosemarie Nave-Herz, Die Geschichte der Frauenbewegung in Deutschland, 4., völlig überarb. und erw. Aufl., Bonn 1993.

Rotraud Ries, Johanna Stahl, geb. Kahn (1888-1942) – Aus dem Waisenhaus zur Mitarbeiterin Bertha Pappenheims, online-Artikel 2022, https://rotraud-ries.de/johanna-stahl-kahn/, (13.10.2022).

Rotraud Ries, Schreiben für Wissen und Ermutigung, in: Main-Post, 27.01.2023; online unter: Journalistin aus Würzburg und Akteurin der Frauenbewegung: Henny Stahl und die „Bayerische Frauenzeitung“, in: Main-Post-online, 25.01.2023.

Angelika Schaser, Frauenbewegung in Deutschland 1848 – 1933, Darmstadt 2006 (Geschichte kompakt).

Monika Schmittner, Aschaffenburg – ein Schauplatz der Bayerischen Frauenbewegung. Frauenemanzipation in der „Provinz“ vor dem Ersten Weltkrieg, Aschaffenburg 1995 (Materialien zur Aschaffenburger Frauengeschichte, Bd. 2).

Stefanie Schüler-Springorum, Die jüdische Minderheit in Königsberg/Preußen, 1871-1945, Göttingen 1996 (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 56).

Ulrich Wagner (Hg.), „Dem Reich der Freiheit werb‘ ich Bürgerinnen“ – Anspruch und Wirklichkeit. Aus dem Leben Würzburger Frauen vom Kaiserreich bis heute. [Begleitband zu einer Ausstellung] Mit Beiträgen von Christine Bartholomäus, Hans-Peter Baum, Dorothee Klinksiek, Helga Richter und Eva Zumkeller, Würzburg 1988 (Schriften des Stadtarchivs Würzburg, H. 8).

Henny Stahl – gedruckte (Kurz-) Biographien (chronologisch)

Roland Flade, Juden in Würzburg 1918-1933, Würzburg 1985 (Mainfränkische Studien, Bd. 34), S. 48.

Roland Flade, Die Würzburger Juden. Ihre Geschichte vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Mit einem Beitrag von Ursula Gehring-Münzel, Würzburg 1987, S. 290, 358f.

Reiner Strätz, Biographisches Handbuch Würzburger Juden 1900-1945. Mit einer wissenschaftlichen Einleitung von Herbert A. Strauss. Red. Bearbeitung: Hans-Peter Baum u.a., Teilbde 1-2, Würzburg 1989 (Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg, Bd. 4), Teilbd. 2, S. 575.

Charlotte Breyer, Wer war Dr. Johanna Stahl? Spurensuche in dunkler Zeit, in: Main-Post, 16.04.1994.

Frauen in Würzburg. Stadtführer & Lesebuch. Hg. von der Gleichstellungsstelle für Frauen der Stadt Würzburg, Gesamtredaktion: Christine Weisner, Würzburg 1996, S. 97-100.

Steidle, H[ans], „Verzweigungen“ – Lebensläufe um die Sophienschule [Margret Boveri, Klara Oppenheimer, Johanna Stahl], in: Mozart-Gymnasium Würzburg. Bericht über das Schuljahr 1999/2000, Sonderteil [o. Seitenzählung, 11 Seiten], o.J. [2000].

Christine Weisner, Wer war Henny? Die Namensstifterin des Johanna-Stahl-Zentrums für jüdische Geschichte und Kultur in Unterfranken, in: Kulturgut. Magazin für die Kulturregion Würzburg, H. 5, April 2011, S. 64f.

Roland Flade, Johanna (Henny) Stahl (1895-1943). Journalistin, Volkswirtschaftlerin, Sozialarbeiterin (Würzburg), in: ders., Jüdische Familiengeschichten aus Unterfranken, Würzburg 2015, S. 244-249.

Riccardo Altieri, Johanna Stahl: Wirtschaftswissenschaftlerin – Politikerin – Frauenrechtlerin, Berlin/ Leipzig 2022 (Jüdische Miniaturen, Bd. 298). Dazu meine Rezension auf HaGalil.

Rotraud Ries, Henny Stahl – Eine jüdische Journalistin der Frauenbewegung, in: Jüdisches Leben in Bayern 37, Nr. 149 (2022), S. 6-7, pdf

Henny Stahl – online-Biographien

Dorothee Klinksiek, Dr. Johanna (Henny) Stahl, online-Gedenkbiographie [veraltete], https://stolpersteine-wuerzburg.de/opfer/?q=21, (12.09.2022).

[Rotraud Ries], Namensgeberin [des Johanna-Stahl-Zentrums], online-Biographie [veraltet], https://www.johanna-stahl-zentrum.de/das-zentrum/namensgeberin/index.html, (12.09.2022).

Dr. Johanna (Henny) Stahl, online-Eintrag, https://www.historisches-unterfranken.uni-wuerzburg.de/juf/, (12.09.2022).

Johanna Stahl, online-Biographie, https://wuerzburgwiki.de/wiki/Johanna_Stahl, (05.01.2023).

Rotraud Ries, Johanna (Henny) Stahl (1895-1943) – eine jüdische Journalistin der bürgerlichen Frauenbewegung, online-Biographie auf Bavaria Judaica, 2023 (12.01.2023).

Henny Stahl – Publikationen

Henny Stahl, Würzburg, in: Die örtliche und soziale Herkunft der öffentlich unterstützten Personen, insbesondere der verwahrlosten Familien. 1. Preisaufgabe der Sächsischen Landeswohlfahrtsstiftung, Leipzig/ Berlin 1927, S. 167-204.

Ungedruckte Quellen

Mordechai Ansbacher an Rosa Grimm, 14.09.1995, Sammlung Johanna-Stahl-Zentrum.

Staatsarchiv Würzburg, Gestapo 14898.

Johanna Stahl, Die soziale Bedeutung der Möbelabzahlungsgeschäfte und ihre Reform, maschschr. Diss., Universität Frankfurt a.M. [1921], Universitätsbibliothek Frankfurt a.M., Dq 1 923.

Gedruckte Quellen

Dora Edinger (Hg.), Bertha Pappenheim. Leben und Schriften, Frankfurt a.M. 1963.

Helene Krämer/ Johanna Stahl [geb. Kahn], Erste pädagogische Arbeit: Mädchenwaisenhaus, in: Blätter des jüdischen Frauenbundes 12, H. 7/8, 1936: Bertha Pappenheim zum Gedächtnis, S. 5f.

Henny Stahl, „Gelehrt werden, davor behüte sie Gott!“, in: Blätter des jüdischen Frauenbundes 12, H. 1 (1936), S. 4f.