Die Erforschung und Vermittlung deutsch-jüdischer Geschichte sind mir ein Herzensanliegen, das mich schon seit meinem Studium beschäftigt. Bis heute widme ich mich dem Thema mit Leidenschaft.
Nach dem Studium stand zunächst die wissenschaftliche Forschung im Vordergrund. Vermittlung und Austausch fanden mit einem wissenschaftlichen Publikum statt. Und die jüdische Frühe Neuzeit, auf die ich meinen Forschungsschwerpunkt legte, musste wie zuvor die allgemeine Geschichte der Frühen Neuzeit erst als eigene Epoche und eigenes Forschungsfeld etabliert und profiliert werden. Daran habe ich mitgewirkt.
Erst das breite Wissen aus der Forschung und die Identifizierung von Schlüsselobjekten und Schlüsselereignissen schaffen auch die Voraussetzungen für eine anschauliche, weil auf das Wesentliche reduzierte Vermittlung. Kein Ort ist dafür besser geeignet als ein Museum, kein Medium besser als eine gut gemachte Ausstellung, die Fragen stellt. Auch digitale Formate können das jenseits der gut strukturierten Informationsangebote leisten.
Kurzbio
Ich habe im westfälischen Münster studiert: mittelalterliche und neuzeitliche Geschichte, Judaistik und letztlich an deren Stelle Ev. Theologie – mit dem Schwerpunkt auf der jüdischen Geschichte. Der Promotion folgten mehrere Forschungsprojekte im Bereich der frühneuzeitlichen jüdischen Geschichte. Seit 2007 war ich zunächst im Jüdischen Museum Berlin und von 2009 bis 2022 als Leiterin des Johanna-Stahl-Zentrums für jüdische Geschichte und Kultur in Unterfranken tätig.
Aktuell befasse ich mich weiterhin mit jüdischen Menschen in Unterfranken, besonders in der NS-Zeit, in digitalen Formaten und als freie Mitarbeiterin für die Würzburger Zeitung Main-Post. Daneben führen mich Vorträge und die Verantwortung für die jährlichen Arbeitskreistagungen des „Forums jüdische Geschichte und Kultur in der Frühen Neuzeit“ auch wieder in die Vormoderne.
Aktuelles - zum Lesen und ...
Rotraud Ries, Jüdische Mägde vom 14. bis zum 18. Jahrhundert – Bilder, Stimmen, Positionen, in: Gertrud Nöth/ Monika Schaupp/ Michael Pulverich (Hgg.), Erforschen und Gestalten. Festschrift für Leonhard Scherg zum 80. Geburtstag, Marktheidenfeld 2024, S. 305-320.
Rotraud Ries, Ein vergessener Erinnerungsort? Aus dem Sammel- und Zwangsquartier in der Bibrastraße 6 in Würzburg wurden 272 jüdische Menschen deportiert. Bis heute fehlt ein Hinweis darauf, in: Main-Post, 17.06.2024, S. 25; Main-Post online.
... zum Hören und Sehen
„Die Vertreibung der Juden aus Prag. Maria Theresias dunkle Seite“. Ein Film von Monika Czernin, an dem ich mitgewirkt habe, ist bis zum 10.05.2026 in der ARD-Mediathek (BR) zu sehen.
Jüdische Siedlungsmuster in der Frühen Neuzeit – Bilder von Restriktionen und Resilienz. Vortrag auf der Tagung „Mobilität, Migration, Verwurzelung. Jüdische Siedlungsgeschichte in Schwaben“ des AKJS in der Akademie Stuttgart-Hohenheim, 13.-14. Juni 2024.
Jüdische Friedhöfe im Raum – Organisation und Verteilung in der Frühen Neuzeit. Ein Vergleich zwischen Süd und Nord. Vortrag auf der Tagung „Steinerne Zeugen digital. Deutsch-jüdische Sepulkralkultur zwischen Mittelalter und Moderne – Raum, Form, Inschrift“, Salomon Ludwig Steinheim-Institut, Essen, 08.-11.09.2024
Forschungsschwerpunkte
Meine wissenschaftlichen Forschungen konzentrieren sich auf die jüdische Frühe Neuzeit. Ihr regionalen Schwerpunkt lag zunächst in Norddeutschland, einem Raum, der sich lange Zeit außerhalb der Wahrnehmung der jüdischen Geschichtswissenschaft befand. Besonders im Fokus standen das Spätmittelalter und das 16. Jahrhundert als interessante und wenig untersuchte Übergangszeit.
Mit den Forschungen zur jüdischen Oberschicht und zu den Hoffaktoren rückten dann das 17. und 18. Jahrhundert in den Blick. Doch nicht genug: Das Zentrum für jüdische Geschichte Unterfrankens verlangte nicht nur die Berücksichtigung seiner 900 Jahre jüdischer Geschichte, sondern ich ging besonders auf die Interessen seiner Kund:innen ein. Und die lagen und liegen, wie überall in Deutschland, primär im 20. Jahrhundert – mit einer Konzentration auf der NS-Zeit und der Erinnerungskultur. So reichen meine Erfahrungen und Kompetenzen vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert, umfassen die deutsch-jüdische Geschichte im Norden wie im Süden.
Publikationen
Erst durch Publikationen gewinnen Forschungen Form und Rezipienten, werden Teil der fachlichen Kommunikations- wie auch der breiteren Vermittlungsprozesse. Während im angelsächsischen Raum primär die Forschung zählt, die in Form von Monographien publiziert wird, weist die Forschungskultur in Deutschland auch gewichtige Publikationen im Aufsatzformat auf. In dieser Tradition möchte ich auch meine Publikationen verorten. Einen wichtigen Baustein der Vermittlung an ein breiteres Publikum stellen hingegen Bücher und Kataloge zu Ausstellungen dar.
Vermittlung
Neben Lehrveranstaltungen, Workshops und Seminaren erfolgt die Vermittlung jüdischer Geschichte und Kultur primär in Vorträgen, durch Ausstellungen und über digitale Formate. In bewährter, besonders auf Anschaulichkeit zielender Form sowie durch die Entwicklung neuer Konzepte habe ich als Wissenschaftlerin und vor allem als Leiterin des Johanna-Stahl-Zentrums darauf meinen Schwerpunkt gelegt. Gerne werde ich mich auch künftig auf all diesen Feldern einbringen.
Bildnachweise
Fotos (von oben nach unten): Header: Nathalie Jäger, 2022; weitere Fotos: Rotraud Ries, 2022.